Page 1 of 1

Hinterlüftetes Dach, Zwischensparrendämmung, darüber Holzfaserdämmplatte

Posted: Mon Jun 25, 2018 5:31 am -1100
by Andreas Hauser
Hallo WUFI Team,

ich habe eine Frage zur Simulation im Zusammenhang mit Unterdeckplatten.

Nach meiner Erfahrung liefert die Bewertung des Wassergehaltes unter Wufi bei Holzfaserdämmplatten oder Holzschalungen auf Zwischensparrendämmung bei hinterlüfteten Dächern einen sehr hohen Wassergehalt.

Nehmen wir z.B. aus der "Handhabung typischer Konstruktionen 2018" die Datei "Beispiel_Geneigtes Dach.w6p". Dort ist außen eine Witterungsschutzbahn aufgebracht, welche in der Realität kontruktiv sicher sinnvoll ist. In unserem WUFI Modell gibt es aber auf der "zweiten Wasserführenden Schicht" kein Regenwasser, weil wir es so eingestellt haben. Rechne ich das Beispiel ohne die Witterungsschutzbahn mit Sd-Wert 0,20 m, indem ich bei dem Reiter "Oberflächenübergangskoeff" beim äußeren Sd-Wert "keine beschichtung" eintrage, erhalte ich eine sehr feuchte Schalung. Die einzelnen Stundenwerte kommen im Winter knapp an 30 M% heran, die 24h-Mittelwerte auf über 27 M%.

Problematisch finde ich es, wenn die Konstruktion auf den Sparren keine Schalung mit Witterungsschutzbahn sondern eine als Unterdeckplatte geeignete durchgehend hydrophobierte Holzfaserdämmplatte hat. Diese feuchtet dann rechnerisch als Gesamtschicht stark auf, außer sie ist deutlich über 40 mm stark.
Bei etwas steilerer Neigung werden solche Dächer ja tatsächlich ohne zusätzliche Unterdeckbahn ausgeführt. Dennoch sollten soweit ich weiß die Unterdeckplatten die 18 M% nicht überschreiten. Die hohe Feuchte im WUFI scheint sich rechnerisch als Ausgleich zwischen der äußeren Schicht der Holzfaserdämmplatte und der hohen relativen Luftfeuchte in kalten Nächten zu ergeben. Durch eine starke Dampfbremse innenseitig kann ich die Situation nicht wesentlich verbessern und riskiere eher Sommerkondensat.

Meine konkrete Frage:
Wie bewertet das WUFI Team rechnerisch solche Kontruktionen mit Holzfaserdämmplatten als Unterdeckplatte ohne Unterdeckbahn? Gibt es zu solchen Konstruktionen Berechnungen und messtechnische Validierungen?

Freundliche Grüße

Andreas Hauser

Re: Hinterlüftetes Dach, Zwischensparrendämmung, darüber Holzfaserdämmplatte

Posted: Mon Jun 25, 2018 9:18 pm -1100
by Daniel
Hallo Herr Hauser,

die Problematik haben Sie ja bereits sehr detailliert und absolut korrekt geschildert.

In der Simulation fehlt bei der Berechnung die obere Eindeckung, die in der Realität sozusagen als Tauwasserfalle fungiert, weil sie kälter ist während die Unterdeckung zwar ebenfalls unterkühlt aber eben nicht so stark wie die Eindeckung. Dies führt dazu, dass sich in der Simulation bei Annahme von Außenklima über der Unterdeckung alles Tauwasser auf der Unterdeckung bildet. Das ist egal, solange hier eine Schicht ist, die nichts sorbiert oder dicht ist für flüssiges Wasser - bzw. die Tauwasserbildung findet bei Verwendung eines Oberflächen sd-Werts gar nicht erst statt.

Trotzdem ist davon auszugehen, dass bei sorptionsfähigen Holzfaser-Unterdeckplatten bei nächtlicher Unterkühlung oder im Frühjahr die Feuchtegehalte deutlich über 18 M.-% steigen. Sie sinken aber so schnell wieder ab, dass es in der Praxis fast nie zu Problemen kommt. An den Lattungen solcher Dächer haben wir bei Messungen im Freiland Feuchtegehalte gegen Ende des Winters bis deutlich über 30 M.-% gemessen - ohne dass hier Schäden aufgetreten wären.

Die Problematik haben wir auch in unserem Leitfaden zur Berechnung von geneigten Dächern beschrieben:
https://wufi.de/literatur/Koelsch-Leitf ... nen_de.pdf

Im Abgleich mit den Messdaten haben wir hier fesgstestellt, dass sich die durch die Tauwasserbildung an der Eindeckung etwas reduzierte Freuchte in der Luft über der Unterdeckung gegenüber der Außenluft gut durch einen Oberflächen sd-Wert 0,01 m (1 cm) abbilden lässt. Dies ist in dem o.g. Leitfaden auf Seite 12 beschrieben.

Auch mit diesem Ansatz wird es aber schwierig, nach außen sehr diffusionsoffene Dächer mit Holz- oder Holzwerkstoffen mit den stationären Grenzwerten für die Feuchte von 18 oder 20 M.-% nachzuweisen. Diese sind dafür einfach nicht geeignet. Bis es verlässliche instationäre Grenzwerte gibt (was aus unserer Sicht dringend erforderlich wäre), muss man sich bei diesen Konstruktione auf die Nachweisfreiheit durch Praxisbewährung beziehen - und die temporäre Überschreitung tolerieren, sofern diese in einem vernünftigen Rahmen bleibt.

Mit freundlichen Grüßen
Daniel Zirkelbach