Häberle wrote: ↑Sun Nov 04, 2018 9:05 pm -1100
Es ist mit Sicherheit auch sinnvoll, Varianten abzubilden, um das Ergebnis unterschiedlichen Verhaltens darstellbar zu machen.
Ja, auf den Nutzen verschiedener untersuchter Varianten sollte man immer wieder ausdrücklich hinweisen.
Ist man gezwungen, mangels definitiver Vorgaben bestimmte Kennwerte (Materialdaten, Randbedingungen, sonstige Einstellungen ...) selbstständig zu ermitteln oder auszuwählen, ist es sehr nützlich eine Vorstellung davon zu haben, wie groß der Einfluss des betreffenden Kennwerts auf die vorliegende Simulation überhaupt ist. Eine solche Abschätzung kann aber mit WUFI selbst vorgenommen werden.
Beispielsweise kann Flüssigtransport in einem kapillaraktiven Material die hygrothermischen Vorgänge im simulierten Bauteil maßgeblich beeinflussen. Müssen also für ein neues Material die Flüssigtransportkoeffizienten stets bestimmt werden? Und muss das mit genauesten Messverfahren geschehen, oder genügt eine Abschätzung (wie etwa über den w-Wert)? Unter Umständen ja, unter Umständen aber auch nicht.
Befindet sich das kapillaraktive Material im Bauteilaufbau an einer Stelle, die nicht von flüssigem Wasser (aufgenommener Regen, Kondensat) erreicht wird, dann kommt seine Fähigkeit zum Flüssigtransport gar nicht zum Tragen. In einem solchen Fall können eventuell die Flüssigtransportkoeffizienten ganz fortgelassen werden, allenfalls genügt eine einfache Abschätzung.
Eine ähnliche Situation besteht, wenn sich das Material zwar an einer Stelle befindet, an der flüssiges Wasser konstruktionsbedingt grundsätzlich auftreten
kann, im vorliegenden Fall aber nicht wirklich auftritt, weil beispielsweise die anliegenden Wetterbedingungen so trocken sind und auch keinerlei Kondensat anfällt.
In einem solchen Fall kann man mit dem betreffenden Aufbau eine Serie von Simulationen durchführen, bei denen die Flüssigtransportkoeffizienten in einem plausiblen Rahmen durchvariiert werden (eine so genannte Sensitivitätsanalyse). Weisen die Ergebnisse nur eine geringe Variationsbreite auf, so dass insbesondere die angestrebte
Bewertung - z.B. bestanden / nicht bestanden - dieselbe bleibt, dann kann auf die detaillierte Berücksichtigung des Flüssigtransports verzichtet werden.
Stellt sich andererseits heraus, dass die Ergebnisse und insbesondere auch deren
Bewertung sehr empfindlich von den Flüssigtransporteigenschaften des Materials abhängen, dann muss entsprechender Aufwand bei der Ermittlung dieser Eigenschaften betrieben werden. Es liegt dann aber auch der konkrete Nachweis vor, dass dieser Aufwand im vorliegenden Fall unumgänglich ist.
Ähnliche Betrachtungen gelten auch für die anderen Materialkenndaten, für die Übergangskoeffizienten, die klimatischen Randbedingungen usw. Für Materialdatensätze, die für
alle denkbaren Situationen verwendbar sein sollen (wie etwa die in WUFIs Materialdatenbank), müssen natürlich möglichst auch
alle Kenndaten mit möglichst großer (vertretbarer) Vollständigkeit und Genauigkeit ermittelt werden.
Gruß,
Thomas