Hallo WUFI Team,
im Rahmen meiner Masterthesis untersuche ich das Feuchteverhalten von zwei marktüblichen Lehmsteinen.
Hierzu habe ich die Feuchtespeicherfunktion (Sorptionsisotherme + Saugspannungskurve), den Wasserdampfdiffusionswiderstand und den Wasseraufnahmekoeffizienten experimentell bestimmt.
Des Weiteren habe ich den Feuchteverlauf der zwei Baustoffe zeitlich und räumlich mittels NMR (Nuclear Magnetic Resonance) untersucht:
- Die Lehmsteine sind in zylindrischer Form (ca. 10 cm Länge, 4 cm Durchmesser)
- Wasser- und dampfdicht ummantelt und können lediglich an ihren Stirnflächen Feuchte aufnehmen/abgeben
- Sie sind anfangs auf 50 % RLF und 23 °C konditioniert
- Die Umgebungsbedingungen werden in Exsikkatoren konstant auf 90 % RLF und 23 °C gehalten
Diesen isothermen 1D Feuchtetransport habe ich auch mit WUFI abgebildet. Der Vergleich der Verläufe der beiden Lehmsteine befindet sich im Anhang.
Meine Fragen an WUFI lauten nun:
1) Der Vergleich der Verläufe zeigt, dass laut WUFI anfangs am Rand deutlich mehr Feuchte aufgenommen wird als bei meinem Versuch. Ist der 1D Verlauf in WUFI auf eine bestimmt Eindringfläche bezogen? Bzw. stehen bei der Berechnung in WUFI die Eindringfläche und die Breite der " Wand" (= Länge der Probe) in einem bestimmten Verhältnis?
2) Ich habe für die Simulation die Oberflächenübergangskoeffizienten alle auf 0 gesetzt, ist das okay?
3) Da meine Proben keinem direkten "Regen" ausgesetzt sind, nehme ich an, dass hier lediglich der Flüssigtransportkoeffizient Weiterverteilen zum Tragen kommt. Ist das richtig? Ich habe ihn über den experimentell ermittelten Wasseraufnahmekoeffizienten approximieren lassen.
4) Ohne direkte Regenbeanspruchung findet in meinem Versuchsaufbau ja eigentlich anfangs nur Dampftransport statt. Je nach Porengröße überlagert sich der Dampftransport ja mit steigender RLF mit Kapillartransport. Würde dann nicht auch mein Wasserdampfdiffusionswiderstand, bestimmt unter feuchten Bedingungen 50-90 % RLF, reichen? Oder brauche ich auf jeden Fall zusätzlich den Flüssigtransportkoeffizient Weiterverteilen?
5) Ich erwarte keine perfekte Abbildung meines Verlaufes durch WUFI, da die Lehmsteine in einem gewissen Maße quellen, was WUFI nicht abbildet. Trotzdem würde mich Ihre Einschätzung interessieren. Worin könnten weitere Fehler meiner WUFI Simulation liegen?
Vielen lieben Dank im Voraus!
Grüße
Michelle
Vergleich 1D Feuchtetransport WUFI mit NMR Messung
Vergleich 1D Feuchtetransport WUFI mit NMR Messung
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Re: Vergleich 1D Feuchtetransport WUFI mit NMR Messung
Hallo Michelle,michelle wrote: ↑Tue Jun 15, 2021 9:14 pm -1100 1) Der Vergleich der Verläufe zeigt, dass laut WUFI anfangs am Rand deutlich mehr Feuchte aufgenommen wird als bei meinem Versuch. Ist der 1D Verlauf in WUFI auf eine bestimmt Eindringfläche bezogen? Bzw. stehen bei der Berechnung in WUFI die Eindringfläche und die Breite der " Wand" (= Länge der Probe) in einem bestimmten Verhältnis?
WUFI setzt einfach eindimensionale Verhältnisse voraus und berechnet den Verlauf der eindimensionalen Transportvorgänge. Wenn die Transportvorgänge in Ihren Proben in hinreichender Näherung eindimensional verlaufen, sollten sie mit WUFI nachvollzogen werden können. Es gibt keine Beschränkungen bezüglich Eindringfläche und Probenlänge, außer dass diese so gewählt sein sollten, dass die ablaufenden Vorgänge hinreichend eindimensional sind, bei Ihren Proben sollte das vermutlich der Fall sein.
Sie sollten den Wärmeübergangskoeffizienten auf einen realistischen Wert setzen. In Ihrem isothermen Versuch ist zwar die Temperatur zeitlich und räumlich konstant, so dass keine (oder nur vernachlässigbare) Wärmeströme über die Probenoberfläche fließen werden, aber WUFI leitet aus dem Wärmeübergangskoeffizienten automatisch den Dampfübergangskoeffizienten ab, und der spielt im Versuch schon eine Rolle.2) Ich habe für die Simulation die Oberflächenübergangskoeffizienten alle auf 0 gesetzt, ist das okay?
Sie haben in Ihrem WUFI vermutlich die Verwendung des Wärmeübergangswiderstands (anstelle des -koeffizienten) eingestellt. Ein Wärmeübergangswiderstand = 0 führt auch zu einem Dampfübergangswiderstand ≈ 0. Das bedeutet, dass die Probenoberfläche gezwungen ist, sofort die Umgebungsfeuchte anzunehmen. Deswegen nehmen die Probenoberflächen in Ihren Simulationsrechnungen sofort hohe Feuchtegehalte an, die der Umgebungsfeuchte entsprechen.
Wenn Sie einen realistischeren Wert für den Wärmeübergangskoeffizienten (und damit indirekt für den daraus abgeleiteten Dampfübergangskoeffizienten) eingeben, ist die Feuchte an Probenoberfläche nicht mehr unmittelbar an die Luftfeuchte gekoppelt und hat die Freiheit, erst allmählich anzusteigen, so wie Ihre Messungen das zeigen.
Vielleicht müssen Sie ein wenig experimentieren, welcher Übergangskoeffizient für die Verhältnisse im Exsikkator anzunehmen ist. Ein Wert von 8 W/(m²K), wie er für Innenräume üblich ist, sollte ein passender Ausgangspunkt sein. Vergessen Sie nicht, mit der Option Einstellungen | Einheitensystem von Wärmeüberganswiderständen auf -koeffizienten umzuschalten.
Ein Saugversuch, in dem die Probe mit flüssigem Wasser in Kontakt gebracht wird, das sie kapillar aufsaugen soll, könnte mit WUFI nachgerechnet werden, indem das flüssige Wasser durch "Regen" in der Klimadatei dargestellt wird. Bei "Regen" verwendet WUFI die Flüssigtransportkoeffizienten für Saugen.3) Da meine Proben keinem direkten "Regen" ausgesetzt sind, nehme ich an, dass hier lediglich der Flüssigtransportkoeffizient Weiterverteilen zum Tragen kommt. Ist das richtig? Ich habe ihn über den experimentell ermittelten Wasseraufnahmekoeffizienten approximieren lassen.
In Ihren Versuchen im Exsikkator handelt es sich aber offenbar nur um die Aufnahme von dampfförmiger Feuchte. Ihre Klimadatei enthält demnach keinen "Regen" und WUFI verwendet in diesem Fall die Flüssigtransportkoeffizienten für das Weiterverteilen.
Sofern in Ihrem Material der Flüssigtransport einen nicht vernachlässigbaren Anteil am gesamten Feuchtetransport hat und Sie über die betreffenden Materialkennwerte verfügen, ist es in der Regel besser, in der Simulation auch beide Transportmechanismen zu berücksichtigen.4) Ohne direkte Regenbeanspruchung findet in meinem Versuchsaufbau ja eigentlich anfangs nur Dampftransport statt. Je nach Porengröße überlagert sich der Dampftransport ja mit steigender RLF mit Kapillartransport. Würde dann nicht auch mein Wasserdampfdiffusionswiderstand, bestimmt unter feuchten Bedingungen 50-90 % RLF, reichen? Oder brauche ich auf jeden Fall zusätzlich den Flüssigtransportkoeffizient Weiterverteilen?
In isothermen Fällen - wie in Ihrem Versuch - könnte man den Flüssigtransport in mathematischer Hinsicht auch durch einen entsprechend angepassten Diffusionswiderstand modellieren. (Das heißt, der Gesamt-Feuchtestrom dampfförmig + flüssig wird so behandelt, als wäre alles dampfförmig). Aber wenn die Stärke des feuchteabhängigen Flüssigtransports innerhalb des in Ihren Proben auftretenden Feuchtebereichs sich merklich ändert, müssten Sie dies durch entsprechend feuchteabhängig eingegebene Diffusionswiderstände berücksichtigen. Da Sie die kapillaren Weiterverteilungskoeffizienten aber offenbar ohnehin schon ermittelt haben, wäre das keine Vereinfachung.
Ob die pauschale Berücksichtigung des (nicht zu starken) Flüssigtransports durch eine entsprechende Modifizierung des Diffusionswiderstands ausreichend ist, hängt vom Anwendungsfall und der angestrebten Genauigkeit ab. Sie können natürlich damit experimentieren, aber wenn es Ihnen um das Nachrechnen des Versuchs geht und Weiterverteilungskoeffizienten bekannt sind, scheint es naheliegender, den Flüssigtransport explizit mitzusimulieren und als Diffusionswiderstand den des trockenen Materials zu verwenden (nicht des feuchten, denn sonst wäre der Flüssigtransport doppelt berücksichtigt).
Im Augenblick ist das Hauptproblem vermutlich die für diesen Fall nicht realistische Wahl des Wärme- bzw. Dampfübergangskoeffizienten. Mit einem passenden Zahlenwert an dieser Stelle sollte die Übereinstimmung gleich viel besser werden.5) Ich erwarte keine perfekte Abbildung meines Verlaufes durch WUFI, da die Lehmsteine in einem gewissen Maße quellen, was WUFI nicht abbildet. Trotzdem würde mich Ihre Einschätzung interessieren. Worin könnten weitere Fehler meiner WUFI Simulation liegen?
Mit freundlichen Grüßen,
Th. Schmidt
Re: Vergleich 1D Feuchtetransport WUFI mit NMR Messung
Hallo Thomas,
vielen Dank für Ihre Antwort. Sie haben mir wirklich sehr weiter geholfen.
Eine kurze Frage würde ich noch hinterher schieben.
Wäre es aus Ihrer Sicht sinnvoll, den Flüssigleitkoeffizienten Weiterverteilen Dww nicht aus Dws/10, sondern gemäß der Literatur "Bestimmung des Transportkoeffizienten für die Weiterverteilung aus einfachen Trocknungsversuchen und rechnerischer Anpassung" zu bestimmen? Die einfachen Trocknungsversuche habe ich für die Lehmsteine ebenfalls durchgeführt.
Vielen Dank!
Beste Grüße
Michelle
vielen Dank für Ihre Antwort. Sie haben mir wirklich sehr weiter geholfen.
Eine kurze Frage würde ich noch hinterher schieben.
Wäre es aus Ihrer Sicht sinnvoll, den Flüssigleitkoeffizienten Weiterverteilen Dww nicht aus Dws/10, sondern gemäß der Literatur "Bestimmung des Transportkoeffizienten für die Weiterverteilung aus einfachen Trocknungsversuchen und rechnerischer Anpassung" zu bestimmen? Die einfachen Trocknungsversuche habe ich für die Lehmsteine ebenfalls durchgeführt.
Vielen Dank!
Beste Grüße
Michelle
Re: Vergleich 1D Feuchtetransport WUFI mit NMR Messung
Hallo Michelle,
wenn Sie für Ihr Material Messdaten zur Verfügung haben, aus denen sich die Weiterverteilungskoeffizienten ableiten lassen, dann ist das sicherlich einer pauschalen Faustregel vorzuziehen, die für den Fall gedacht ist, dass diesbezüglich keinerlei Messungen vorliegen.
Mit freundlichen Grüßen,
Thomas
wenn Sie für Ihr Material Messdaten zur Verfügung haben, aus denen sich die Weiterverteilungskoeffizienten ableiten lassen, dann ist das sicherlich einer pauschalen Faustregel vorzuziehen, die für den Fall gedacht ist, dass diesbezüglich keinerlei Messungen vorliegen.
Mit freundlichen Grüßen,
Thomas
Re: Vergleich 1D Feuchtetransport WUFI mit NMR Messung
Hallo Thomas,
vielen Dank für Ihre Antwort!
Ich habe die Wärmeüberganswiderständen auf -koeffizienten umgestellt und verschiedene Werte zwischen 8 und 1 W/(m²K) ausprobiert. Die Durchfeuchtung dringt trotz der verschiedenen Werte gleich schnell über die Ränder ein. Muss ich zusätzlich noch einen Wert anpassen oder ist der Koeffizient doch so wenig sensitiv?
Danke!
Grüße
Michelle
vielen Dank für Ihre Antwort!
Ich habe die Wärmeüberganswiderständen auf -koeffizienten umgestellt und verschiedene Werte zwischen 8 und 1 W/(m²K) ausprobiert. Die Durchfeuchtung dringt trotz der verschiedenen Werte gleich schnell über die Ränder ein. Muss ich zusätzlich noch einen Wert anpassen oder ist der Koeffizient doch so wenig sensitiv?
Danke!
Grüße
Michelle
Re: Vergleich 1D Feuchtetransport WUFI mit NMR Messung
Habe es selber lösen können.
Die Temperaturgleichung war nicht eingestellt, so konnte der Wärmeübergangskoeffizient nicht greifen.
Danke!
Die Temperaturgleichung war nicht eingestellt, so konnte der Wärmeübergangskoeffizient nicht greifen.
Danke!
Re: Vergleich 1D Feuchtetransport WUFI mit NMR Messung
Hallo Michelle,
lässt sich jetzt eine zufriedenstellende Übereinstimmung erreichen?
Gruß,
Thomas
lässt sich jetzt eine zufriedenstellende Übereinstimmung erreichen?
Gruß,
Thomas